Koudelka
Akt 23 - Geheimnisse lebender Toter
Nachdem sie ein weiteres wichtiges Dokument gefunden haben, gehen sie wieder zurück in die Bibliothek von Roger Bacon. Er ist immer noch mit seinen Studien
beschäftigt.
ROGER: Hmm, es muss hier sein. Ich habe es hier gesehen. Irgendwo hier, hmm... Nanu, was für eine Überraschung. Kommt Ihr zurück um mich zu
besuchen?
JAMES: Seht euch das bitte an.
ROGER: Forschungsberichte...
KOUDELKA: Könnt Ihr uns sagen ob das was darin geschrieben steht tatsächlich möglich ist?
ROGER: Hmm, mal sehen...Hmm, ja, ja, oh, das stimmt. Auferweckung der Toten... ohhh... Ein Kessel... die Branwen-Schriften, tatsächlich. Ja, es ist
gut möglich, das die hier beschriebenen Verfahren tatsächlich funktionieren.
EDWARD: Ich dachte es mir. Aber es ist so, beängstigend...
ROGER: Ich persönlich habe es nicht versucht. Ich erinnere mich genau das die Émigré-Schrift Beschreibungen der geheimen Rituale zur Auferweckung der
Toten enthielt. Aber wie diese Berichte bestätigen, bedarf es komplizierter Vorbereitungen. Ich hielt es für unwahrscheinlich das genügend übersinnliche Kräfte fokussiert werden können um eine
derart große geistige Energie zu erzeugen. Ich hätte nie gedacht das jemand so etwas jemals auch nur versuchen würde.
KOUDELKA: In den Berichten steht das der Körper aber nicht die Seele zum Leben erweckt wurde.
ROGER: So ist es. Die Magier der Antike hatten das Geheimnis des Lebens bereits vollständig im Griff. Aber sie waren weit davon entfernt die
Geheimnisse der Seele zu ergründen. Sie ließen die Toten wiederauferstehen um ihre Körper als willige Arbeitskräfte einzusetzen, und mit ihnen die großen Zivilisationen der Antike aufzubauen.
Genau betrachtet, könnte man sie auch als menschliche Marionetten bezeichnen. Die Ausbeutung des menschlichen Körpers als Objekt.
EDWARD: Wenn das so ist, dann...
ROGER: Ja die Toten wiederauferstehen zu lassen, als ob sie nie tot gewesen wären, das ist unmöglich.
JAMES: Wie also kann der wiederauferstandene Körper wieder zu Staub werden?
ROGER: Das... ist eine sehr komplizierte Frage, da seine Existenz bereits den Naturgesetzen widerspricht.
JAMES: Bitte...
ROGER: Es ist keine leichte Aufgabe.
JAMES: Sagt mir wie... Elaines ruhelose Seele wollte es so.
ROGER: Gut... hmm... hmm... Es ist nicht absolut unmöglich. Aber, ich müsste die höheren heiligen Mächte beschwören um es zu vollbringen. Hmm... oh
ja. Ich weiß das der Arm von Daniel Scotius, dem Erbauer dieses Klosters, in einer Steinstatur im Kloster versteckt sein muss. Wenn... wenn er in den Kessel geworfen wird, müsste dies die Wurzeln
des Lebensbaumes zerstören. Doch danach weiß ich nicht wie es weiter geht, ob die Energie des Feuers oder das Element des Wassers gefragt ist. Oh, es ist fürchterlich kompliziert.
JAMES: Feuer oder Wasser...
KOUDELKA: Was sollen wir bloß tun?
ROGER: Oh himmlischer Vater, beschütze unsere Seelen und bereite diesem fürchterlichem Leiden ein Ende.
Die drei beschließen dem Grauen in diesem Kloster ein Ende zu bereiten. Sie machen sich auf den Weg zur Kathedrale.
Akt 24 - Differenzen
Nach einer geraumen Weile stehen sie vor der riesigen Tür der Kathedrale. Edward rüttelt daran, kann sie aber nicht auf bekommen. Die drei beraten was zu tun ist.
KOUDELKA: Das muss die Kathedrale sein.
EDWARD: Sie rührt sich nicht. Nicht einmal ein Rammbock würde hier weiterhelfen. Was machen wir jetzt?
KOUDELKA: Na toll. Jetzt haben wir es so weit geschafft und kommen nicht in die Kathedrale.
JAMES: Koudelka, Edward, sie beide müssen nun gehen. Mein Freund war offenbar für das Grauen hier verantwortlich und deshalb, trifft auch mich eine
Mitschuld. Ich erwarte nicht das sie mich mögen und ich habe nicht das Recht Sie um Hilfe zu bitten. Also, von jetzt an mache ich allein weiter.
KOUDELKA: So ein Unsinn. Wir sind nicht nur Ihretwegen hier.
EDWARD: Nein Koudelka. Du musst zurück gehen. Die Gefahr ist zu groß.
KOUDELKA: Edward, du bist derjenige der gehen sollte. Du bist nicht für diesen Ort geschaffen. Zugegeben, du bist ein guter Kämpfer mit viel Erfahrung
und dein Killerinstinkt ist auch nicht zu leugnen. Aber im Grunde bist du im Gegensatz zu mir nur ein Durchschnittsmensch. Was mich angeht, ich kann in dieser Umgebung etwas gutes tun das meinem
Leben einen Sinn gibt.
EDWARD: Hör auf mich zu belehren. Ich will alles oder nichts ohne wenn und aber. Ich verschwende keinen Gedanken an Konsequenzen. Ich tue was immer
ich tun will. Was interessieren mich meine Chancen? Das Leben ist ein Spiel bei dem man auf Sieg setzten muss wenn man gewinnen will.Und der Einsatz ist das Leben.
KOUDELKA: Edward... Ha, ha. Mach dich nicht lächerlich.
EDWARD: Ich bleibe jedenfalls hier.
JAMES: Tun sie was sie wollen.
EDWARD: Das werde ich.
KOUDELKA: Wie wärs wenn Ihr Euch etwas einfallen lassen würdet wie wir diese Türe öffnen können?
JAMES: Moment, es gibt einen Weg. Erinnern Sie sich als wir Patricks Haus durchsuchten? An die vielen Chemikalien? Es könnte etwas dauern, aber ich
glaube ich kann damit Nitroglyzerin herstellen.
KOUDELKA: Nitroglyzerin?
EDWARD: Das ist großartig. Die Sprengkraft wäre enorm.
JAMES: Für diese Tür brauchen wir einen vollen Glaskolben. Nun, wenn ich ihn fallenlasse bevor ich zurück bin mache ich im Himmel eine echte
Blitzkarriere.
Plötzlich fangen die Glocken des Klosters zu läuten an.
EDWARD: Ich geh und es ist getan. Die Glocke mahnt.
JAMES: Hör sie nicht Duncan, es ist ein Grabgeläut das dich zu Himmel oder Hölle entbäut.
Die drei machen sich auf in das Labor von Patrick.
Akt 25 - Edward und Koudelka
Im Labor angekommen fängt James an das Nitroglyzerin herzustellen.
JAMES: Ich beginne mit der Arbeit. Warten Sie beide bitte hier auf mich.
Die beiden ziehen sich in ein benachbartes Zimmer zurück. Nach den Strapazen der letzten Stunden genehmigen sie sich ein paar Flaschen Whiskey und unterhalten
sich.
KOUDELKA: Ha, ha, ha. Und dann? Ha, ha ,ha Was passierte mit diesem Mädchen, Melanie?Ha, ha,ha.
EDWARD: Am nächsten Morgen war sie fort. Sie hatte fast alles aus dem Zimmer mitgenommen. Ha, ha, ha.
KOUDELKA: Ha, ha, ha. Du hast nicht viel Glück mit Frauen, stimmts? Ha, ha, ha.
EDWARD: Ach, du kennst doch den Spruch. Die sauberste Trennung ist wenn die Frau einfach abhaut.
KOUDELKA: Was für ein Verliererspruch, ha ha ha. Aber du hast es gut. Du kennst viele Leute mit denen du Spaß haben kannst. Und ich? Ich bin ganz
allein. Ich war mein ganzes Leben lang allein.
EDWARD: Und wie war deine Kindheit?
KOUDELKA: Ja, ich war auch mal ein Kind.
EDWARD: Aha.
KOUDELKA: Ich wurde in einem kleinen Dorf in Wales geboren, direkt am Ufer des Taliesin. Das war ein kleines Zigeunerdorf.
EDWARD: Zigeuner?
KOUDELKA: Genau! Zigeuner. Aber, wir nannten uns nicht Zigeuner. Wir nannten uns Roma. Weißt du, ein echter Zigeuner wird unter einem blauen Himmel
geboren und stirbt auch unter dem selben blauen Himmel. Alte Zigeunerregel.
EDWARD: Eine schöne Vorstellung, eines Tages unter einem blauen Himmel zu sterben.
KOUDELKA: Jeder Zigeuner erhält bei seiner Geburt einen Namen. Mein Zigeunername war Zlato.
EDWARD: Zlato... In dem Namen schwingt etwas mit. Was bedeutet er?
KOUDELKA: He,he he. Das sage ich dir nicht.
EDWARD: Ho, ho...das muss auch so ne Regel sein, hmm
KOUDELKA: He,he,he. Eine Regel, genau. He, he, he.
EDWARD: Seit ich dich kenne, hat mich dieses rätselhafte Funkeln in deinen Augen fasziniert. Das muss die Zigeunerin in dir sein....Ein Blick von dir,
voll Geist und Seele macht bang zugleich und hoffnungsvoll.
KOUDELKA: Lord Byron mal wieder?
EDWARD: Volltreffer!
KOUDELKA: Du verehrst ihn sehr, nicht wahr?
EDWARD: Ja...Manchmal denke ich das wir Seelenverwandte sind.
KOUDELKA: Hm, dann ist er sicher auch so ein Egomane wie du, ha ha ha.
EDWARD: Ich betrachte mich eher als Romantiker. Hmm... Ach... Mein Vater war sehr streng. Er hat mir nie verziehen das ich als Akademiker gescheitert
bin. Seiner Meinung nach lag mein Versagen daran das ich meine Zeit damit vergeudete von Abenteuern und fernen Ufern zu träumen. Er versuchte mir ständig einzubleuen das Träume, die Macht der
Phantasie und alles was ich als Kind liebte nutzlos und reine Zeitverschwendung seien. Als wollte er mir sagen das ich selber nutzlos bin. Aber vielleicht, hat er ja Recht. Weißt du, ich wurde
wahrscheinlich zu spät geboren. Als ich 15 wurde, waren bereits alle weißen Flecken von der Landkarte verschwunden. Der wilde Westen war bereits besiedelt und der Dschungel bereits erforscht. Es
gab nichts wirklich neues auf der Welt für mich zu entdecken. Jedenfalls nichts was mich reizen konnte. Ich denke deshalb streife ich jetzt hier durchs Land. Natürlich... unterwegs gehe ich
keinem Kampf aus dem Weg und habe ein paar Mal mein Leben aufs Spiel gesetzt. Aber nirgendwo finde ich die Wahrheit. Die Wahrheit die ich suche. Ich sehne mich nach etwas ganz besonderem. Ich
kann es nicht genau erklären. Es ist, als ob ich nach einem nicht greifbarem Schatz suche... Koudelka, ich beneide dich. Du hast übersinnliche Kräfte die nur wenige besitzen und als Zigeunerin
kannst du so leben wie du willst.
KOUDELKA: Und wer gibt dir das Recht so zu tun als ob du mich verstehst? Hast du einen Schimmer davon wie ich aufgewachsen bin? Ha, ha. Das ich nicht
lache. Abenteuer... Oh man. Du hast nicht die leiseste Ahnung. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel Kummer meine übersinnlichen Kräfte mir gebracht haben. Mein Vater starb als ich noch ein
Kind war. Ich hatte die genaue Zeit, den Ort und die Todesursache vorhergesagt. Stell dir das mal vor. Den Tod deines eigenen Vaters vorherzusagen. Als Kind war ich verflucht, weil mich meine
Fähigkeiten völlig überforderten. Meine Mutter... ha,. Sie... sie hatte soviel Angst vor mir und hasste mich so sehr das sie versuchte mich mit bloßen Händen umzubringen. Die ältesten Zigeuner
beschlossen mich aus der Gemeinschaft auszuschließen. Ich war damals erst 9 Jahre alt. Du hast keine Ahnung wie es für ein neunjähriges Mädchen ist sich ganz allein durchschlagen zu müssen.
Schätze... Ha, so ein Quatsch. Hast du je weinend um etwas zu essen gebettelt? Musstest du je deinen Körper verkaufen um dich nachts vor Kälte zu schützen? Pfff... Ich war genau wie Charlotte.
Als sie weinte und sagte, das niemand sie je geliebt hat, trafen mich ihre Worte bis ins Mark. Ich wars von der sie sprach. So wie sie wünschte ich allen den Tod und hegte einen Hass auf die
gesamte Menschheit. Aber weißt du, Charlotte hat ihren Frieden gefunden und ist, dumdidum, aufgefahren in den Himmel. Und ich? Ich lebe immer noch...Und bin immer noch ganz allein. Niemand hat
mir jemals geholfen. Niemand...
EDWARD: Koudelka, du...
KOUDELKA: Schht, ich sags dir. Ich... bin nicht so frei wie du denkst. Ich bin eine arme, schäbige, ungebildete Frau die ihren Zigeunerstolz den
Hunden zum Fraß vorwerfen musste um zu überleben. Aber... weißt du... selbst jemand wie ich kann Gutes tun. Mit meinen übersinnlichen Kräften kann ich das Leid anderer lindern. Dann bin ich froh
das ich lebe. Es wird mich niemand lieben. Ich möchte nur, das mein Leben einen Sinn hat. Ich möchte nur, das mir jemand sagt das er mich braucht. Du... nie im Leben... kannst du... mich...
verstehen.
Zusammengekauert und völlig betrunken bleibt Koudelka in einer Ecke des Raumes liegen. Edward erwidert nichts darauf sondern schweigt. Nach einer Weile kommt James zu
ihnen.
JAMES: Ich habe es geschafft. Gehen wir?
Die drei begeben sich mit dem Nitroglyzerin zurück zur Tür in die Kathedrale.